Liebe Leserinnen und Leser,
feste Bestandteile im Magazin unserer Zeitschrift sind Zusammenfassungen von neuen Dissertationen und, meist ein wenig später, Rezensionen zu diesen Dissertationen. Diese Sitte hat sich herumgesprochen. Viele Doktoranden schicken uns von selbst solche Zusammenfassungen und bitten um Rezensionen. Soweit es geht, erfüllen wir diese Bitten. Darüber hinaus ist der Schriftleiter neuen Doktorarbeiten stets auf der Spur, teils aus Neugier und weil er den Anschluss an den musikpädagogischen Diskurs nicht verlieren, sondern, im Gegenteil, in die Öffentlichkeit ‚stellen’ möchte. Andererseits hält er es für die Pflicht einer wissenschaftsorientierten Zeitschrift, die Entwicklung des Musikunterrichts bzw. der Musikvermittlung und der musikpädagogischen Forschung gerade der jüngeren Fachdidaktiker zu dokumentieren. Es geht darum, die entstehenden Arbeiten und ihre Ergebnisse öffentlich zu machen und sie in das Gesamtbild der fachdidaktischen Forschung einzufügen.
Aus dieser, von der Leserschaft offenbar positiv angenommenen Praxis, die ja auch die Doktoranden selbst bekannt macht und vielleicht sogar ein paar Punkte bei Bewerbungen einbringt, entstand der Gedanke, ein Themenheft über das Promovieren im Gebiet Musikpädagogik in „Diskussion Musikpädagogik“ zusammenzustellen. Lina Hammer (Universität Köln), die sich mit Ideen und organisatorischen Vorschlägen für die Gestaltung dieser Ausgabe hilfreich beteiligte, sei herzlich gedankt. Vor allem versorgte sie die Schriftleitung mit Namen und Adressen von Doktorandinnen und Doktoranden, die sie (die Schriftleitung) zur Mitarbeit ansprechen konnte. Auf diesem Wege lernte ich auch das Doktorandennetzwerk kennen, dessen Existenz und Arbeitsweise wohl einmalig in der Wissenschaftslandschaft ist.
Bei der Vorbereitung des Heftes kamen viele und noch nicht bedachte Aspekte des Promovierens zusammen: die Prozesse der Themenfindung und ihrer Zuschnitte, Fragen der Wissenschaftstheorie, Entscheidung und Erprobung methodischer und methodologischer Art, Überlegungen zur Darstellung und Präsentation, die Errichtung von Dämmen und Deichen gegen die Neigung der Materialüberflutung. Als wichtig und kritisch stellte sich – was zu erwarten war – die Beziehung zu den betreuenden Kolleginnen und Kollegen heraus, ferner Üblichkeiten und Möglichkeiten der Zusammenarbeit der Doktoranden in offiziellen oder informellen Kolloquien, die private Zusammenarbeit. Dies alles sind Wege, die Einsamkeit des Forschens und des Schreibens zu lindern – die Einsamkeit, die für manche eine schwere Bürde sein kann. Andere Aspekte des weiten Feldes sind die angemessene Behandlung von Schreibhemmungen, die Suche und Auswahl von Literatur, die Literaturgläubigkeit und der seriöse Umgang mit ihr.Eine schwere Last ist für viele Promotionswillige oder -begeisterte die Finanzierung der wissenschaftlichen Vorhaben bis zur Veröffentlichung, noch mehr offenbar aber die Finanzierung des Lebens während der langen Promotionszeit. Nur wenige können mit Arbeitsstellen in Hochschulen rechnen (und auch sie kommen bisweilen nicht zügig genug zur Beschäftigung mit ihrem Projekt). Viele promovieren, während sie als Musiklehrerinnen oder Musiklehrer arbeiten. Zu meinem Erstaunen sind Arbeiten „als Nebentätigkeit“ neben einem Beruf häufig rascher fertig geworden als jene der „hauptamtlich“ Promovierenden.
Die Motive für eine Promotion scheinen recht unterschiedlich zu sein. Da gibt es so etwas wie ein reines („absolutes“) Interesse an einer Frage, an einer Erscheinung oder an einem Problem, die von einem Seminar, von Literatur, von einer Praxiserfahrung ausgingen und die einen umtreiben (bei mir übrigens ein Leben lang). Da gibt es das pure Interesse an wissenschaftlicher Tätigkeit und Genauigkeit. Andere können sich an der Durchführung von empirischen Untersuchungen und ihrer Mechanik begeistern, vielleicht auch an der (wie auch immer künstlichen) Eindeutigkeit der Ergebnisse. Im Gegensatz zu diesem Interesse können Gedanken entstehen, die danach fragen, wie (woher) etwas gekommen ist, wie es sich verändert hat und welche Bedeutung es mit sich herumträgt. Fachdidaktische Themen beschäftigen sich (hoffentlich) mit Möglichkeiten und Problemen der Anwendung und der Konsequenzen für eine Praxis.
Ich habe bei der Vorbereitung dieser Ausgabe gelernt, dass es lohnend und wichtig ist, die vielen Fragen, welche sich aus der Beschäftigung mit dem Promovieren und mit den Promotionen ergeben, in allen Ausgaben der Zeitschrift präsent zu halten. Insofern könnte (und soll) „Diskussion Musikpädagogik“ sich intensiver mit Fragen der Wissenschaftstheorie, der Wissenschaftsmethodologie und der Funktion (Nützlichkeit und Notwendigkeit) von Wissenschaft – als Haltung und als Tätigkeit – beschäftigen. Den Doktoranden sei für ihre z. T. auch unbewussten Anregungen gedankt, und sie seien aufgefordert, die Zeitschrift auch als ein Wissenschaftsforum zu benutzen.
Christoph Richter
DMP 46: Promovieren in Musikpädagogik
Das Wort zum zweiten Quartal
- Manfred Peters
„Raus damit, was da drinsteckt, spüren, wo das hinwill.“
Dieter Schnebel zum 80. Geburtstag
Promovieren in Musikpädagogik – Aus Sicht der Doktoranden
- Jürgen Oberschmidt
Gegensätze ziehen sich an!
Promovieren neben der Berufstätigkeit: Gedanken zu einem Leben zwischen Theorie und Praxis - Benedikt Ruf
Musiktheorie im Musikunterricht
Eine qualitative Untersuchung zu Formen und Begründungen - Katharina Bradler
Streicherklassenunterricht in Deutschland
Geschichte – Gegenwart – Perspektiven - Susanne Naacke
Zwischen Spannungsfeldern und Schnittmengen
Promovieren aus einem Drittmittelprojekt heraus - Thomas Busch
Was, glaubst du, kannst du in Musik?
Eine Studie zu musikalischen und musikbezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen in der Sekundarstufe 1 - Markus Büring
Life-long Learning
Promovieren in der „vierten Phase“ der Lehrerbildung - Nina Dyllick
Promotion in der Musikpädagogik
Einblicke in Forschungsthemen, Arbeitsbedingungen und Motivationen von Doktoranden - Lina Hammel & Jens Knigge & Kerstin Wilke
Vernetzt promovieren in der Musikpädagogik
Das AMPF-Doktorandennetzwerk - Daniel Hesselmann & Benjamin Seipel
Auf der Suche nach einem Stipendium
oder: die Suche eines Faches nach seiner Richtung - Alexis Kivi
Das Doktorandenkolloquium an der UdK Berlin
Promovieren in Musikpädagogik – Aus Sicht der Betreuer
- Hildegard Froehlich
Das Leiten im Begleiten
Reflexionen einer Doktormutter in den USA1 - Andreas Lehmann-Wermser
Promoviert werden?
Oder lieber als wissenschaftlicher Nachwuchs gefördert? Ein leicht polemisches Plädoyer
Freie Beiträge
- Franz Niermann & Adri de Vugt & Sarah Hennessy & Isolde Malmberg
„meNet Lernergebnisse“
als Handwerkszeug für die Weiterentwicklung der Musiklehrerbildung in Europa
- Manfred Peters