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Liebe Leserinnen und Leser,

 

das Thema dieser Ausgabe sind Überlegungen zur Beziehung zwischen Ethik und Musikunterricht. Sind es zwei verschiedene Unterrichtsfächer? Kann und soll man bei der Beschäftigung mit Musik ethisches Verhalten lernen? Ist Musikunterricht ein Ort, an dem die Frage nach Anspruch und Chancen von Ethik geklärt oder zumindest bedacht werden kann? Ist es eine Aufgabe des Musikunterrichts, Musik in einen Zusammenhang mit (oder nach) ethischen Grundsätzen anzulegen und durchzuführen?
Die Autorinnen und Autoren, die gebeten waren, sich – je von ihrem Denken und von ihren (derzeitigen) Berufsaufgaben aus – nach Antworten auf diese oder weitere Fragen zu suchen und sie darzustellen, haben – sehr erfreulich für den Schriftleiter – das Thema von sehr verschiedenen Überlegungen aus behandelt. Erfreulich ist für ihn auch, dass aus dem kleinen Kreis von sechs Kolleginnen und Kollegen drei (jedenfalls zur Zeit) amtierende Lehrerinnen und Lehrer sind, die nicht bei Vorschlägen, theoretischen Überlegungen oder Literaturangeboten stehen blieben, sondern – einen wichtigen Schritt weiter – Erfahrungen aus Unterrichtssituationen direkt oder indirekt einbeziehen konnten.
Sebastian Mertens, Lehrer für Musik und Philosophie an einem Gymnasium im äußersten Norden unseres Landes (dort leben die Menschen mit dem kühlen Kopf) setzt den Anfang der thematischen Auseinandersetzung mit einer doppelten Unterscheidung, die es zu beachten gilt: Sie fragt, ob sich „Ethisches“ (ethisch Anregendes) in der Musik finde oder eher in der pädagogischen Auseinandersetzung (unter anderem) mit Musik. Die andere Unterscheidung stellt der Vorstellung von der (antiken) Ethik , verstanden als einer „Theorie der Lebenskunst“ eine (von Birnbacher formulierte) Sozial­ethik gegenüber.
Ausgesprochen oder nicht ausgesprochen haben die anderen Beiträge dieser DMP-Ausgabe diese beiden Unterscheidungen im Blick, freilich auf verschiedene Weise. Markus Hirsch interessiert sich für den Zusammenhang der Begriffe Ethik, Musik und Unterricht.
Daniela Bartels versucht, Überlegungen zu einer „Digitale(n)Ethik“, so wie Sarah Spiekermann (einst ein ausgesprochener Digitalisierungsfan) die Welt der Digitalisierung mit einem Wertesystem ethischen Verhaltens verbindet, auch auf den Umgang mit Musik anzuwenden. Katharina Pecher-Havers orientiert ihre Überlegungen an dem einst übermächtigen Prinzip eines handlungsorientierten Musikunterrichts und stellt – im Zugriff auf Hannah Arendts Handlungsbegriff – Überlegungen an zu einem „Täter“-Sein der Schüler. Dorothee Barth und Anne Bubinger argumentieren, wie und dass Musikunterricht unter dem immer noch dominierenden Stichwort „Notenlesen“ (gemeint ist die Musiktheorie) ethischen Überlegungen keinen Raum gibt. Jonas Olejniczak erörtert – ein mir ganz neuer Gedanke – ein Lehrerverhalten von “Selbstmitgefühl“ (sogar mit praktischen Übungen) als ethisches Verhalten.
Derart, von sehr unterschiedlichen Überlegungen umkreist, ergibt sich eine Fülle von Antworten auf die Fragen „Ethik im Musikunterricht?“
Die freien Beiträge beschäftigen sich (das letzte Heft ergänzend) noch einmal mit Fragen der Musikvermittlung für erwachsene Musikliebhaber (speziell für Neue Musik) und mit Möglichkeiten des Musiklernens.

 

Christoph Richter

DMP 85: Ethik im Musikunterricht

Artikelnummer: DMP-Heft-85
13,40 €Preis
inkl. MwSt. |
  • Das Wort zum ersten Quartal

    • Christoph Richter
      Die DMP wird mündig
      Das Wort zum ersten Quartal

    Ethik im Musikunterricht

    • Sebastian Mertens
      „Ethisches“ in der Musik und im Musikunterricht?
    • Markus Hirsch
      Wie kommt die Ethik in den Musikunterricht?
      Schlaglichter und ein Vorschlag
    • Daniela Bartels
      Mit welcher Werthaltung und mit welchem Menschenbild wollen wir die Digitalisierung im Musikunterrichtgestalten?
      Gedanken zur Beziehung zwischen Musikpädagogik und Digitaler Ethik
    • Katharina Pecher-Havers
      Der Schüler als Täter?
      Die Schuldfrage im handlungsorientierten Musikunterricht
    • Dorothee Barth & Anne Bubinger
      Gerechtigkeit und gutes Leben?
      Zur Frage der ethischen Rechtfertigung eines auf „sicherer Notenkenntnis“gründenden Musikunterrichts
    • Jonas Olejniczak
      Selbstmitgefühl als Ressource für lebendigen Musizierunterricht

    Freie Beiträge

    • Wolfgang Rüdiger
      Durchlässigkeit
      Vermittlung neuer Musik für Erwachsene im Kontext von Konzerten – Teil II*
    • Wolfgang Mastnak
      Erklärungs- und Begründungsmodalitäten musikpädagogischen Handelns
      Eine meta-epistemologische Annäherung
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