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Liebe Leserinnen und Leser,

 

das Thema der vorliegenden Ausgabe der “Diskussion Musikpädagogik” entstand, als der Gedanke sich meldete, dass das Hören von Musik auch in Laienkreisen zwar beliebt ist, dass aber viele dieser Musikliebhaber nicht wissen und sich auch nicht viel mit der Frage beschäftigen, wie das Musizieren zustande kommt. Ich meinte, als ich auf die Suche nach Autorinnen und Autoren ging, nicht die Vermarktung von Musik, also die Planung von Konzerten oder die mit den merkantilen Aufgaben und Problemen verbundenen Tätigkeiten. Und ich dachte auch nicht an die medialen Voraussetzungen und Möglichkeiten der Musikangebote. Beide Bereiche sind zweifellos ebenfalls thementauglich und musikpädagogisch wichtig.
Meine Neugier richtete sich vielmehr auf den Weg oder auf die Wege, auf dem oder denen Menschen zum Musizieren gelangen – auf die Stationen, die es zu durchlaufen gilt und die zu erreichen sind, auch auf die Hindernisse, Anstrengungen und Vergnügungen und Freuden, von denen die Wege begleitet werden können. In meinem Umfeld habe ich Autoren (leider keine Autorinnen) gefunden, die ihre Wege zu überdenken und mitzuteilen bereit waren.
Allerdings verlief der redaktionelle Weg ein wenig anders, als ich mir vorgestellt hatte. Die Autoren – alles (wie man so sagt) begnadete Musiker – griffen je nur eine der vielen Fragestellungen und Probleme auf, die es gilt, auf den mühsamen Weg zum Musizieren (zu Aufführungen oder zu zufriedenstellenden Darstellungen – Interpretationen) zu überwinden oder zu durchwandern.
Deshalb habe ich das Thema dieser Ausgabe verändert. Es heißt jetzt – allgemeiner – „Aspekte des Musizierens und der künstlerischen Ausbildung” 
Ulrich Mahlert beschäftigt sich mit den psychischen, sozialen, verhaltensbezogenen und musikalischen Fragen (z. B. nach einer einvernehmlichen Interpretation) und ihre Beantwortung zeigt, wie diffizil und sorgfältig die Voraussetzungen und die gelingenden Handlungsweisen für kammermusikalische Zusammenarbeit bedacht werden sollten.
Wolfgang Lessing, wie Ulrich Mahlert zugleich künstlerisch und instrumentalpädagogisch für seine Kompetenzen bekannt, widmet sich der Unterscheidung von Üben und Musizieren (Aufführen). Er zeigt auf, dass beides – allerdings recht unterschiedliche – „Als ob”-Handlungen sind; mit anderen Worten, dass sie in unterschiedlicher Weise und Zielsetzung Spielcharakter haben. Beide Handlungen münden nicht und zielen auch nicht auf letztgültige Endergebnisse. Vielmehr sind sie offen im Hinblick auf Alternativen, neue Erkenntnisse und auf die Freiheit künstlerischen Handelns.

Thomas Menrath, Klavierprofessor, der vor allem Studierende für die musikpädagogischen Berufe unterrichtet, geht den historischen Gang durch die Interpretationslehre bis zu den grundsätzlichen Fragen, die im Klavierunterricht (und im Musizieren) über das exakte technische Spiel hinaus – und durch es erreichbar – zu einer mitteilenden und empfindsamen Interpretation der musikalischen Darstellung führt.
Ivo Berg, Spezialist für die Pädagogik ,alter’ Musik, zeigt an der damaligen Literatur (Guido, Agricola u. a.) und an einem Beispiel der Chormusik auf, dass und wie die Solmisation außer dem korrekten Singen auch den Ausdruck der Musik erschließt.
Ich selbst habe versucht, Menschen, die sich über das Zustandekommen von ,Musizieren’ bisher kaum Gedanken gemacht haben, den Weg anzudeuten, der von der Auseinandersetzung mit Instrument, Körper und Geist zur Spieltechnik, von dort zum Üben und schließlich mündend in die Interpretation von Musik (als individuell persönliche Deutung) führen kann. Ich habe mich mit Absicht einer einfachen Diktion bedient und dabei Ungenauigkeit in Kauf genommen, um eine ungefähre Vorstellung anzubieten.
Thade Buchborns Beitrag legt eine Untersuchung über die im Musiklehrerstudium wählbaren und angebotenen künstlerischen Hauptfächer vor. Er fordert eine Erweiterung des Angebots, die auf das bekanntlich erheblich erweiterte Instrumentarium der heutigen Weltmusik eingeht.

 

Christoph Richter

DMP 83: Aspekte des Musizierens und der künstlerischen Ausbildung

Artikelnummer: DMP-Heft-83
13,40 €Preis
inkl. MwSt. |
  • Das Wort zum dritten Quartal

    • Christoph Richter
      Alle Jahre wieder – der Ruf nach einem Zentralabitur
      Das Wort zum dritten Quartal

    Aspekte des Musizierens und der künstlerischen Ausbildung

    • Ulrich Mahlert
      Gruppenpsychologische Vorgänge beim Spielen und Proben von Kammermusik
    • Wolfgang Lessing
      Das doppelte Als-ob
      oder: ein erneuter Versuch, der Frage, was Üben sein kann, auf den Grund zu gehen
    • Thomas Menrath
      Interpretation zwischen Werktreue und persönlichem Ausdruckswillen im Instrumentalunterricht
    • Ivo Ignaz Berg
      „…macht sie alle melodey süsse und lieblich“
      Solmisation als Übe- und Interpretationsschlüssel in der Musik um 1500
    • Christoph Richter
      Der Weg vom Einspielen und Üben bis zur Aufführung
      Anregungen zur musizierenden und verbalen Gestaltung und Deutung von Musik,erörtert an der Sonatine für Violine und Klavier in G-Dur op. 100 von Antonín Dvorák
    • Thade Buchborn
      Welche Musikerinnen und Musiker können in Deutschland Musiklehrerinnen und Musiklehrer werdenund welche nicht?Eine Analyse der Eignungsprüfungsanforderungen für Lehramtsstudiengänge

    Freie Beiträge

    • Daniela Neuhaus & Gabriele Puffer
      Musikpädagogische Projekte in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung
    • Markus Cslovjecsek
      Integrated Music Education
      Ein Versuch, konstruktive Kräfte im Schulmusik-Unterricht zu erkennen und zu nutzen
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