top of page

Liebe Leserinnen und Leser,

 

die Idee, eine Ausgabe der „Diskussion Musikpädagogik“ dem Thema „Geschichtsvergessenheit“ zu widmen, kam von Alexander Cvetko. Sie stieß bei mir auf wache Ohren und auf persönliches Interesse; und so legen wir die vierte Ausgabe des Jahres 2017 heute zu diesem Thema vor. Freundlicherweise half Alexander Cvetko auch bei der Auswahl einiger Autoren. Aufgelockert ist die Beschäftigung des Themas durch verschiedene Beitragsformen:
Besonders froh bin ich, dass wir in diesem Heft den schon vor vielen Monaten zur Verfügung gestellten Text von Karl Heinrich Ehrenforth veröffentlichen können. Sein Beitrag nimmt, wie ich meine, einen gewichtigen Platz in der Hinterlassenschaft seiner Schriften ein. Er greift erinnernd und mahnend das Problem des Vergessens auf. Auch der Text, den drei Kollegen gemeinsam verfasst haben (Bernd Clausen, Alexander Cvetko und Stefan Hörmann), lockert das Leseangebot gegenüber den üblichen Regeln. Und erst recht lädt das streitbare Gespräch zwischen Hans Christian Schmidt-Banse und Alexander Cvetko über die Geschichtsvergessenheit in der Musikpädagogik und im Musikunterricht zu einer strengen wie vergnüglichen Lektüre ein.
Im Verlauf der Vorbereitung des Themas ergab es sich, dass die Begriffe der „Geschichtsvergessenheit“ und der „Geschichte“ in unserem (zum Glück immer noch teilweise gemeinsamen) wissenschaftlichen wie praktisch angewandten Fach in verschiedener Anwendung zur Sprache (zur „Schreibe“) kommen. Sowohl die Vergessenheit im Bereich der Musikgeschichte (und ihrer Wissenschaft) als auch die Vergessenheit des „Geschichten-Schreibens“ als Verstehens- und Erlebensmethode und auch als Vergessenheit im Bereich der theoretischen musikpädagogischen Literatur werden in den fünf Beiträgen behandelt. Ich selbst versuche, mit Hilfe des Historikers Reinhard Wittram und des Philosophen Hans-Georg Gadamer das „Vergessen“ in ein Geschichtsbewusstsein zu überführen.
Hinzuzählen kann ich noch die sehr ausführliche Rezension von Stefan Hörmann über die Habilitationsschrift von Alexander Cvetko „Geschichten erzählen im Musikunterricht“.
Nicht verschweigen will ich, dass ich selbst ein Opfer des Heftthemas (gleichsam ein Eigentor) geworden bin. Stefan Hörmann war es, der mich daran erinnerte, dass ich – als junger Schriftleiter der Zeitschrift „Musik und Bildung“ 1979 (Heft 1) – ein Themenheft zu „Geschichtlichkeit und Geschichtsbewußtsein“ zusammengestellt hatte. Nach den damaligen Regeln enthält diese 42 Jahre betagte Ausgabe zwei mehr theoretische Grundsatztexte – einen von Carl Dahlhaus, der damals einen Wandel von der eher engchronologischen Musikgeschichte zu einer „Strukturgeschichte“ vollzog, und einen von Peter Becker, der philosophische, pädagogische und ästhetische Aspekte des „Problemkreises Geschichtsbewusstsein“ erörterte. Die folgenden Artikel von damals waren (und vielleicht: sind) Unterrichtsbeiträge, die freilich vor allem dem Oberstufen­unterricht dienlich waren – von Gerhard Kirchner, Walter Heimann, Werner Freitag, Rainer Fanselau, Ernst Klaus Schneider. Günther Noll schrieb für die Serie „Sachwörter zur Musikpädagogik“ den Beitrag „Historische Aspekte des Musikunterrichts“.
Ich erwähne dieses Themenheft, um die damaligen Themen und ihre Autoren der „Geschichtsvergessenheit“ zu entreißen. Unsere Leser seien herzlich dazu eingeladen, die „Geschichtsvergessenheit“ unserer Zeitschriftenliteratur zu mindern.

 

Christoph Richter

DMP 76: Geschichtsvergessenheit – Geschichtsbewusstsein

Artikelnummer: DMP-Heft-76
13,40 €Preis
inkl. MwSt. |
  • Das Wort zum vierten Quartal

    • Christoph Richter
      Eine kleine Trilogie über das Schreiben
      Das Wort zum vierten Quartal

     Geschichtsvergessenheit – Geschichtsbewusstsein

    • Karl Heinrich Ehrenforth
      Geschichtsvergessenheit
    • Bernd Clausen & Alexander J. Cvetko & Stefan Hörmann
      Das Rad immer wieder neu erfinden
      Geschichtsvergessenheit in der Musikdidaktik und ihre Folgen
    • Christoph Richter
      Geschichtsvergessenheit
      Schüler und Schülerinnen als Historiker
    • Ralf-Olivier Schwarz
      „Ob ein Mensch Erfahrungen machen kann, ist in letzter Instanz davon abhängig, wie er vergißt.“
      Zu musikpädagogischen Zugriffen auf Musikgeschichte zwischen Historizität und Kanonizität
    • Alexander J. Cvetko & Hans Christian Schmidt-Banse
      Ein Gespräch über Geschichtsvergessenheit

    Freie Beiträge

    • Peter Schmitz
      Das Kinderkonzert, ein außerschulischer Lernort
      Eine systemtheoretische Einordnung der Möglichkeiten außerschulischer Lernorte in pädagogisches Gestalten am Beispiel des Konzeptes der Kinderkonzerte der Nordwestdeutschen Philharmonie
    • Fritz Höfer
      Wissenschaftliche Musikpädagogik im Lehramtsstudium Musik
      Die Bedeutung von wissenschaftsorientierter Reflexion und ihren Relevanzfeldern für die Praxis des Musikunterrichts
    • Kai Koch
      Die Etablierung geragogischer Inhalte in der musikpädagogischen Ausbildung
      am Beispiel der C3-Seniorenchorleitung der Landesmusikakademie Heek
    • Marc Mönig
      Von Sprachlosigkeit, Bekümmernis und heiteren Empfindungen
      Zur Bedeutung von und zum Umgang mit Gefühlen im Musikunterricht
bottom of page