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Liebe Leserinnen und Leser,

 

das Thema für die hier vorgelegte Ausgabe der „Diskussion Musikpädagogik“ entstand in gemeinsamen Überlegungen. Wir sprachen darüber, ob es hilfreich sei, philosophisches Denken oder bestimmte philosophische Theorien und Thesen in den individuellen, praktischen oder wissenschaftlich-didaktischen Umgang mit Musik und Musikpädagogik einfließen zu lassen oder Philosophisches gar als Grundlage zu wählen. 
Das gilt zwar ohnehin schon vielfach, auch für das unterrichtliche Denken und Handeln. Aber außer dem – vielfach auch leichthin geübten – Brauch, die Beschäftigung mit Musik platonisch, aristotelisch, Baumgärtnerisch oder (Martin) Seelisch zu adeln, interessierte uns, was im Hinblick auf Musik hinter oder in den modisch gern gebrauchten Begriffen an Gedanken stecke – an Erfahrungen, Anregungen, Lebenspraxis oder Bildungsermunterungen. Aus unseren Gedankenspielen – denn das ist Philosophie ja weitgehend und unerbittlich – entstanden in willkürlicher Auswahl fünf Texte (von denen einer leider nachgeliefert werden muss). Sie nehmen sehr unterschiedliche Anknüpfungen vor: 
Jürgen Oberschmidt bezieht Begegnung mit Musik auf einen der letzten Vorträge von Hans-Georg Gadamer „Die Vielfalt der Sprachen und das Verstehen der Welt“ (1993). Ivo Ignaz Berg verfolgt den philosophischen Denkweg vom doppelten Körperbegriff bei Helmut Plessner bis zur Diskussion des „Embodiment“-Begriffs. Wolfgang Lessing fragt, mit Hilfe von Literaturbeispielen, ob und in welchem Sinne Musik eine Geste ist.
Ich selbst versuche, anhand der Grazer Vorlesungen von Peter Bieri „Wie wollen wir leben?“ philosophisches Denken und Argumentieren in den Musikunterricht hineinzutragen.
Mit der Frage nach Phasen des Philosophierens im Musikunterricht erfüllt unsere Zeitschrift den in ihrem Namen genannten Zweck. Sie lädt zur Diskussion ein.
Das gilt übrigens schon für den Musikunterricht mit ganz jungen Schülerinnen und Schülern. Beispiele dafür, dass im Zusammenhang mit allen Fächern die Schule ein unersetzlicher Ort der philosophischen Welt als Selbstvergewisserung ist oder sein sollte, liefern u. a. Ekkehard Martens` „Philosophieren mit Kindern“ (Reclam 1999, Nr. 9778) und Nida-Rümelins „Der Sokrates Club. Philosophische Gespräche mit Kindern“ (btb 2014).
Auch die sogenannten „freien Beiträge“, die in letzter Zeit die arme Bundespost immer häufiger in die Zehlendorfer Limastrasse schickt, bezeugen die Wichtigkeit des Namens unserer Zeitschrift: In der vorliegenden Ausgabe kommt ein Beitrag auf das Thema der Inklusion zurück; ein anderer, zur Performativität des Musikunterrichts, nimmt sich einen der von Christopher Wallbaum publizierten bekannten Unterrichtsmitschnitte vor; auch die ewige Frage nach der rechten musikpädagogischen Wissenschaftlichkeit war unlängst mit prominenter Besetzung Gegenstand einer streitbar ausgetragenen Besinnung.
Um dem Namen unserer Zeitschrift gerecht zu werden, wünsche ich mir, dass bei mir der „Postbote (häufig) zweimal klingelt“.

 

Christoph Richter

DMP 73: Philosophie in der Musikpädagogik und im Musikunterricht

Artikelnummer: DMP-Heft-73
13,40 €Preis
inkl. MwSt. |
  • Das Wort zum ersten Quartal

    • Thomas Menrath
      Rede zur Absolventenfeier der Fakultät Musik
      Universität der Künste Berlin am 25. November 2016

    Philosophie in der Musikpädagogik und im Musikunterricht

    • Jürgen Oberschmidt
      Der Turmbau zu Babel: „Die Vielfalt der Sprachen und das Verstehen der Welt“
      Musikpädagogische Anmerkungen zu einem Vortrag von Hans-Georg Gadamer
    • Ivo Ignaz Berg
      Von der ‚Verkörperung’ zum ‚Embodiment’?
      Ein neues Paradigma aus der Philosophie des Geistes und seine Anwendung in der Musikpädagogik
    • Wolfgang Lessing
      Musizieren als Geste
      Randnotizen zur Wiedergeburt eines instrumentalpädagogischen Zentralthemas
    • Christoph Richter
      Philosophie im Musikunterricht?
      Philosophisches Denken, das den Umgang mit Musik prägt – Überlegungen für Schüler und Lehrer

    Freie Beiträge

    • Ralf Beiderwieden
      Don Milani musikalisch
      Über Inklusion und Integration: ein Zwischenruf
    • Stefan Scheib & Barbara Neumeier
      FILL – Freie Improvisation lehren und lernen
      Zur Frage einer Expertise in freier Improvisation
    • Martina Krause-Benz
      „Jetzt machen wir ‘nen kleinen Auftritt…“
      Klassenmusizieren als performativer Akt?
    • Nils Hilbricht & Philipp Reisner
      Krieg in instrumentaler Kunstmusik des zwanzigsten Jahrhunderts
      Neue Klangästhetik im fächerübergreifenden Unterricht der Sekundarstufen
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