Liebe Leserinnen und Leser,
die Themenbehandlung der 59. Ausgabe von „Diskussion Musikpädagogik“ fällt aus mehreren Gründen bemerkenswert aus. Sechs Beiträge sind Hanns Eislers „Hollywooder Liederbuch“ gewidmet. Damit reagieren wir auf den häufig wiederholten Ruf, möglichst oft Themen anzubieten, die sich mit Musik und ihrer möglichen Vermittlung beschäftigen. Nach dem Themenheft zum „Divertimento“ von Leonard Bernstein im vergangenen Jahrgang bleiben wir mit unserer Wahl bei Musik aus den USA und ziehen an deren Westküste – nach Hollywood.
Die Besonderheit dieses Heftes hat mehrere Facetten: Alle Beiträge kommen aus derselben Musikhochschule – aus der nördlichsten: Rostock. Sie widmen sich dem Liederbuch Hanns Eislers nicht nur aus verschiedenen Perspektiven, sondern sind auch in einer intensiven Zusammenarbeit und Diskussionen zwischen verschiedenen Fächern und Kolleginnen und Kollegen entstanden – aus der historischen und psychologischen Musikwissenschaft, der Musiktheorie, dem Gesangsstudium und Singen, dem Ausstellungsmanagement und aus der Musikpädagogik (sowohl deren Hochschullehrer als auch einer Studentin).
Was einen alten Musiklehrer besonders freut: Fast alle Beiträge sind in der wünschenswerten didaktischen Doppelanlage gestaltet: An der Einmaligkeit des Musikbeispiels, und durch die intensive Auseinandersetzung mit ihm, wird Allgemeines, Übergreifendes und Exemplarisches erörtert. Und allgemeine Überlegungen (zur Art des Hörens und zur Funktion der Analyse, zum Begriff der Heimat, zum Begriff des Fremden, zur Vertonung von Texten, zur Transformation des Klingenden in Visuelles, zur Beziehung von Menschen zum Sprechen und Singen ...) werden aus der Beschäftigung mit dem Einzelfall gewonnen. In diesem doppelten Zugriff („hin und her“) werden Wissensvermittlung und kognitives Verstehen miteinander vermittelt, auf dass eine auf Ganzheit zielende Bildung entstehe.
Aber nicht nur darum geht es bei diesem Thema. Bemerkenswert ist auch, dass und wie die Beiträge in allgemein-musikpädagogische Gedanken und Konzepte gelangen, zum Beispiel im Problem des Verhältnisses zwischen „vorbegrifflich-ästhetischer und begrifflich-verstehender Erfahrung“ (anders formuliert: zwischen analyselosem Erkennen und Beschreiben und individuell-biographischer Mitteilung und Erregung allgemeiner Gefühle oder Affekte (im Anschluss an Hans Heinrich Eggebrecht).
„Diskussion Musikpädagogik“ kündigt in diesem Heft eine Änderung an, auf die sich der Verlag und der Schriftleiter geeinigt haben. Nachdem ich verschiedentlich mehr oder weniger freundlich auf mein vorrückendes Alter hingewiesen werde, haben wir beschlossen, die Schriftleitung gleichsam links und rechts durch zwei Stützen standsicherer zu machen. Wir haben – nach der schwierigen Erörterung solcher Stützen – zwei in Berlin ansässige Kollegen gebeten, als ständige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hilfreich tätig zu werden – unter Wahrung der üblichen Quoten:
Frau Professorin Dr. Rebekka Hüttmann und
Herrn Professor Dr. Oliver Krämer
(nach vor-Leipziger Schreibweise)
Die Kollegin Rebekka Hüttmann ist zur Zeit die Vertreterin des Lehrstuhls für Musikpädagogik in der Schulmusikabteilung der Fakultät Musik in der Universität der Künste in Berlin. Oliver Krämer ist Hochschullehrer für Musikpädagogik an der Hochschule für Musik in Rostock.
Die Korrespondenzen sollen wie bisher mit dem Verlag oder der Schriftleitung gepflegt werden, und wir werden, wie es sich in der letzten Zeit eingebürgert hat, so oft wie möglich themenkompetente Kolleginnen und Kollegen an der Heftgestaltung beteiligen. Auch werden wir – stets so rasch wie möglich – freie Beiträge, Zuschriften, Berichte, Zusammenfassungen von Dissertationen und Rezensionen in den zweiten Teil unserer Ausgaben einrücken.
Und es sei auch nicht versäumt, einen herzlichen Dank für die zunehmende aktive Mitarbeit an der Gestaltung unserer Zeitschrift abzustatten. Verlag und Schriftleitung verstehen sich, in bescheidener Weise, als Teil einer Disziplin, als jener Teil nämlich, der mit ihren Möglichkeiten für Austausch, Anregung, Kritik und Kommunikation sorgt.
Christoph Richter
DMP 59: Hanns Eisler, Hollywooder Liederbuch
Das Wort zum dritten Quartal
- Christoph Richter
Semesterferien – Vorlesungsfreie Zeit – Bologna: ein Sommermix
Das Wort zum dritten Quartal
Hanns Eisler, Hollywooder Liederbuch
- Oliver Krämer
Hanns Eislers Hollywooder Liederbuch als musikalischer Bildungsanlass - Barbara Alge
Zur Aktualität von Eislers Hollywooder Liederbuch als Spiegel von Exil-Erfahrung - Hartmut Möller
„Paradies und Hölle“ - Karola Theill
Fragen der Liedgestaltung am Beispiel des Hollywooder Liederbuchs von Hanns Eisler - Stefanie Schliebe
Kann man Musik ausstellen?
Ein Praxisleitfaden zur Ausstellungsgestaltung am Beispiel des Eisler-Liedes „Unter den grünen Pfefferbäumen“ - Magnus Gaul
None but the Lonely Heart
Zur Heimatsuche Hanns Eislers im Hollywooder Liederbuch - Barbara Alge & Magnus Gaul & Oliver Krämer & Hartmut Möller & Stefanie Schliebe & Karola Theill
Literaturauswahl zu Hanns Eisler und seinem Hollywooder Liederbuch
Freie Beiträge
- Anne Niessen
Individuelle Förderung in Musik
Empirische Perspektiven auf Musikunterricht in der Grundschule und das erste Schuljahr im Programm „Jedem Kind ein Instrument“ - Martina Krause-Benz
„Hier wird Musik gemacht!“
Reflexionen über das Musizieren im Musikunterricht - Heike Henning
Überlegungen zu einer grundschulorientierten Musikpädagogik
- Christoph Richter