Liebe Leserinnen und Leser,
bei einem Gespräch mit Oliver Kautny kamen wir zu der Feststellung, dass von Popmusik in unserer Zeitschrift selten bis kaum die Rede oder gar eine Reflexion über sie sei. Schießlich ergab sich die Frage, wie einerseits Kinder in frühem Alter und andererseits der Musikunterricht in der Grundschule mit Popmusik umgehen und was ihnen aus diesem Bereich von wem auch immer angeboten wird. Mir – in greifbarer Nähe eines Lebens als Urgroßvater – war bisher gar nicht im Bewusstsein, dass Kinder, wenn sie in Kitas oder Schulen kommen, ja immer schon in irgendeiner Weise musikalisiert sind. Mir die Ohren und Augen für diese Frage geöffnet zu haben und auch für die Möglichkeiten und Üblichkeiten, mit denen die frühen Erziehungsinstitutionen auf diese frühe Musikalisierung antworten, danke ich Oliver Kautny. Ihm danke ich auch für die hilfreiche Mitbetreuung des vorliegenden Themenheftes.
Ich wusste von den Kämpfen der verschieden alten/jungen Enkel im Fond des Ferienautos, wenn es darum ging, die jeweils „eigene“ Musik-CD durchzusetzen. Mir waren auch einige nebenbei geträllerte Weisen ‚aktueller’ (also bedeutsamer) Kinderlieder bekannt. Dass aber das Lied- oder Musikgut jüngster und junger Menschen heute (auch) aus der bunten Welt des Pop das Leben und Erleben bestimmt, bereichert oder beeinflusst, hatte ich noch kaum bedacht. Die Durchsicht einiger neuer Lieder- und Schulbücher erst zeigte mir, welche Geschichten, Stimmungsbilder und Lebensweisheiten der „Pop für Kinder“ vermittelt. So wurde ich auf diesem Gebiet ein Lernender, der aus den eigenen Kinderträumen geweckt wurde.
Trotz der schwierigen und zum Teil unheimlichen Zeiten meiner Kinderjahre (Jahrgang 1932) erschien mir – oder erscheint mir aus dem Rückblick heute – die Tradition und Bekanntschaft mit vor allem gesungener Musik als eine tröstende heimatliche und verlässliche Lebensfunktion. Es waren die alten Gutenachtlieder, die Lieder- und Tanzspiel-Lieder, auch das Material für das Blockflötenspiel. Sie waren Teil des gemeinsamen Lebens in der Familie, im Kindergarten und in der Volksschule mit dem geigenden Herrn Holm. Sie waren aber auch, so glaube ich heute, das Elementargut für die anspruchsvollere Musik, also eine selbstwirkende Musiklehre, die ich nach und nach kennen lernte.
Was ich in der Vorbereitung des vorliegenden Themenheftes kennen lernte, waren sowohl – ökonomisch – die zahlreichen Angebote der vielen Verlage, die den Blick vor allem auf die Verdienstmöglichkeiten richten (siehe die Literaturverzeichnisse in den einzelnen Beiträgen dieses Heftes), als auch – kinderlebensgemäß – Angebote, das Leben von Kindern aus aller Welt und in ihren Erlebnissen zu erzählen und auch, sich selbst in den Liedern und Musikstücken (wieder) zu finden, vielleicht auch zu verstehen und zu gestalten.
Mir fällt als eifrigem ‚Lerner’ auf, dass „Pop für Kinder“ – innerhalb und außerhalb seiner schulischen Verwendung – eingespannt ist in das weite Netz des Lebens im ‚Pop’. Das zeigt sich etwa in den Inhalten (Texten) vieler ‚Comic’-Lieder. Das zeigt sich in beigefügten Bildern, synkopierten Melodien und schlagermäßigen Harmonisierungen. Manche Musikbücher für die Grundschule thematisieren eher die Pop-Welt als deren Musik.
Nach einigen Absagen besteht der thematische Teil dieser Ausgabe aus vier Beiträgen. Umso mehr freie Beiträge und ein umfangreiches Magazin bietet das Heft DMP 67 an.
Christoph Richter
DMP 67: Pop für Kinder
Das Wort zum dritten Quartal
- Kerstin Unseld
Warum Musikvermittlung ein Fall für Indikativsätze ist
Das Wort zum dritten Quartal
Pop für Kinder
- Oliver Kautny
Populäre Musik in der Primarstufe
Zwischen kindlichem ‚Schonraum‘ und ‚richtiger‘ Welt - Michael Ahlers & Dirk Zuther
Wer? Wie? Was?
Analyse didaktischer Materialien für Popmusik in der Grundschule - Constanze Rora & Elias Zill
Populäre Musik in Lehrwerken für die Primarstufe - Friedrich Neumann
Chartbreaker oder Volksgut
Was sollen wir in der Grundschule singen?
Freie Beiträge
- Frauke Sczeponek
Erfolgsfaktoren der hauptberuflichen Kombination von Schul- und Kirchenmusik
Eine qualitativ-empirische Studie - Philipp Reisner
Improvisation als didaktisches Instrument interkultureller Musikerziehung - Martin Schröder
Die Vermittlung traditioneller Musik an schottischen Sekundarschulen
Zum Zusammenspiel von Rezeptionsverhalten, Rahmenbedingungen und Unterrichtsmethodik
- Kerstin Unseld